Beispiel Deutschland ab 1945
Nach heute ganz herrschender Auffassung ist die Bundesrepublik Deutschland subjektidentisch mit dem 1945 besiegten Deutschen Reich (siehe Rechtslage Deutschlands nach 1945).[34] Als Folge besteht die Bindung an die bis 1945 eingegangenen völkerrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands fort und muss nicht erneuert werden.
Beispiel Russische Föderation ab 1991
Die Russische Föderation (Rossijskaja Federazija) ist als Völkerrechtssubjekt nicht Rechtsnachfolgerin der Sowjetunion, sondern ihr „Fortsetzerstaat“; am 8. Dezember 1991 unterzeichneten bei Brest die sich mittlerweile zu von der Sowjetunion unabhängigen Staaten erklärten Republiken der Ukraine und Weißrusslands sowie Russland ein „Abkommen über die Gründung der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten“ (GUS; russ.: Sodruschestwo Nesawissimych Gossudarstw). Zwar heißt es in der Präambel des GUS-Gründungsabkommens, dass „die UdSSR als Völkerrechtssubjekt und als geopolitische Realität ihre Existenz beendet“ habe,[35] aber dennoch ist auf die Russische Föderation nach der Auflösung der Union deren „Verbindungsfaden mit der Außenwelt übergegangen“.[36] Die Russische SFSR hatte zuvor – anders als die übrigen ehemaligen Sowjetrepubliken – ihrerseits keine Unabhängigkeitserklärung abgegeben.[37]
Auf der GUS-Konferenz in der damaligen kasachischen Hauptstadt Alma-Ata hieß es in einer Deklaration von elf Nachfolgestaaten (acht weitere Staaten wurden mittlerweile über das Protokoll als „Gründungsmitglieder“ in die Gemeinschaft aufgenommen), dass „mit der Schaffung der Gemeinschaft unabhängiger Staaten […] die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken ihre Existenz beendet“ habe. Am 22. Dezember 1991 verständigte man sich mit dem sowjetischen Staatspräsidenten Michail Gorbatschow, den nunmehr zum Torso gewordenen Sowjetstaat endgültig aufzulösen. Nun hatten bereits sämtliche Unionsrepubliken außer die RSFSR im Rahmen des Augustputsches von 1991 explizit ihre Unabhängigkeit vom Zentralstaat erklärt. Die neugegründete Russische Föderation übernahm die völkerrechtlichen Rechte und Pflichten gegenüber der übrigen Welt. So hieß es in der „Zirkularnote“ des russischen Außenministeriums am 13. Januar 1992, die allen diplomatischen Vertretungen in Moskau zugestellt wurde, dass die Russische Föderation ihrerseits alle Rechte und Pflichten, die durch die Sowjetregierung geschlossenen Verträge entstanden, übernehmen werde. („[…] Die Russische Föderation setzt die Ausübung der Rechte und Erfüllung der Pflichten aus den von der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken geschlossenen Verträge fort. Demzufolge wird die Regierung der Russischen Föderation anstelle der Regierung der UdSSR die Funktion des Verwahrers für die entsprechenden mehrseitigen Verträge wahrnehmen. […]“[38])
Russland ist somit das auf föderativer Basis neuorganisierte Völkerrechtssubjekt und als Staat identisch mit der damaligen RSFSR. Diese neue Basis war folgerichtig nach dem Ende der Sowjetunion Gegenstand von Verhandlungen zwischen Moskau und den einzelnen Republiken.[39] Der Schritt erfolgte einseitig und ohne Rücksprache mit den anderen Staaten der GUS. So wurde dann auf dem GUS-Treffen am 20. März 1992 in Kiew per Beschluss klargestellt, „dass alle Teilnehmerstaaten der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten Rechtsnachfolger in Rechten und Pflichten der ehemaligen UdSSR sind“.[38] Der Eintritt der übrigen ehemaligen sowjetischen Teilrepubliken z. B. in das Vermögen der UdSSR musste jeweils gesondert geregelt werden, in der Regel durch Vertrag mit der Russischen Föderation und betroffenen Drittstaaten.
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